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Friday, December 08, 2006

Südamerika




Mushullakta — Unterricht mit Gummistiefeln





Als Teenager war mein Traum in Afrika in einem kleinen Dorf im Busch ohne Strom zusammen mit den Einheimischen zu leben. Bisher hatte sich nie eine Möglichkeit dazu ergeben, doch hier in Ecuador sah ich plötzlich die Chance; zwar nicht in Afrika, aber abgeschiedene Dörfer mit ursprünglicher Kultur gibt es hier noch jede Menge. Mit Hilfe einer Volunteering-Fundation (Ecotrackers) ermöglichte ich meinen Besuch im Mushullakta. Ein Dörfchen (14 Familien) im Regenwald, ohne Strom und fliessend Wasser.


Aber alles von vorne. Schon die Anreise war ein halbes Abenteuer: der Bus hatte noch nicht mal die Stadt Quito verlassen, schon stoppte er am Strassenrand um einen Reifen zu wechseln. 45 Minuten später waren wir wieder auf dem Weg — gut machte ich mich frühzeitig auf den Weg. Die Fahrt (4h) war spektakulär, zuerst rauhe Berglandschaft und dann 2000 Höhenmeter abwärts, immer tiefer in den Urwald hinein. Am "km 24" gabelt die Strasse nach Tena oder Coca. Während ich hier auf meinen Anschlussbus wartete, konnte ich den Kulturschock auf mich einwirken lassen. Vorbeischlendernde Kinder blieben stehen und starrten mich mit offenen Mäulern an. Im nächsten Bus erwartete mich ein Bewohner des Dorfes Mushullakta. Uff, das Buschtelefon hatte also funktioniert!

Weitere 2h ratterten wir mit dem ältesten Bus, den ich je gesehen habe, noch tiefer in den Südamerikanischen Amazonas hinein. Die Strasse war in so schlechtem Zustand, dass uns lange ein Fahrrad vorfuhr und schliesslich um duzende Kurven davonfuhr. Um ca. 19.00 Uhr erreichten wir die Endstation des Buses. Von dort lagen noch 1 1/2h Weg zu Fuss in Dunkelheit vor uns. Gut, kannte José der Dorfbewohner den Weg zwinkern.

Am nächsten Morgen konnte ich also sehen wo ich gelandet war. Mich erwartete ein Frühstück mit Reis, Yucca und Spiegelei, mhhh. Ebenso tat es dies alle folgenden Morgen. Wir assen hauptsächlich Reis, Kartoffeln, Yucca und Bananen – halt was dort im Boden oder auf den Bäumen wächst (Reis wird gekauft). Und ab und zu Fleisch von irgendeinem erlegten Tier aus dem Wald.

Täglich unterrichtete ich 2h Englisch an der lokalen Schule: 1h 3./4. Klasse (10 Schüler, 7-9 Jahre alt) und 1h 5./6. Klasse (14 Schüler 9-14 Jahre alt). Dies war eine tolle Erfahrung. Am Anfang waren die Kinder so scheu, sie sagten kein Wort, weder in Spanisch, noch in Englisch. Nach zwei Wochen jedoch, hatten wir einen netten Wortschatz aufgebaut, und die Kinder waren nicht mehr so scheu und redeten sogar mit mir. Echt schade, dass ich die Klassen in voller Blüte verlassen musste... wahrscheinlich haben sie bis in zwei Wochen wieder alles Gelernte vergessen. Ich war nicht die erste Volunteer, die den Schülern Englisch unterrichtete, aber ich musste trotzdem von ganz vorne anfangen. Schade, es gibt einige intelligente und lernhungrige Kinder, aber ihnen bleiben die Möglichkeiten verwehrt.


Das Dorf bietet Primarschule, und vom 14. bis 20. Altersjahr 1 Tag pro Woche College; dies ist aber nicht obligatorisch. Wenn es einer Familie finanziell möglich ist, schicken sie ihre Kinder zum Studium weg vom Dorf.



Mit Hilfe der Volunteer-Fundation baut das Dorf ein Eco-Tourismus-Projekt auf. Ich diskutierte mit den zukünftigen Guides Touristen-Programme und übte mit ihnen Englisch. Das Dorf hat eine Touristen-Cabaña im Bau, welche in einem Monat (schon seit Jahren) fertig sein soll. 2 (Halb-)Tage arbeiteten wir an dieser Cabaña. Die Männer fällten Holz im Wald, und wir Frauen bearbeiteten die Holzlatten mit Macheten.


Nach diesen zwei Tagen lag das Halbe Dorf, ich eingeschlossen, mit Grippe im Bett. Dank ihren grossartigen Kenntnissen von Medizinalpflanzen und Shaman-Ritualen ging es uns aber bald wieder besser.



Auf Spaziergängen durch den Wald lernte ich viel über Pflanzen und Tiere, sehr interessant. Mich fanzinierten besonders die Blattschneiderameisen. Diese werden jedoch nicht geliebt, da sie die Yucca-Pflanzen fressen. Weiter gefielen mir die farbigen Vögel, welche jedoch auch nicht geliebt werden, da sie den Mais fressen...

Das Wasser zum Kochen und Trinken wird vom Fluss herbeigetragen. Duschen tut man sich direkt im Fluss. Der Tagesablauf dauert dort von Sonnenauf- bis –untergang. Die einzige Lichtquelle ist die Kerze oder das Feuer in der Küche. Eine Nachricht irgendwo in die Welt zu übermitteln nimmt eine Tagesreise in Anspruch.

Auch die Rückreise war eher lange. Wie gewohnt verliessen wir das Dorf frühmorgens um 4.00, um nach 1 1/2h Fussmarsch den Bus zu erreichen. Am Tag meiner Abreise war aber weit und breit kein Bus zu finden. Man sagte uns, dass schon seit 2 Tagen kein Bus mehr gekommen sei, die Strasse sei unpassierbar wegen den starken Regenfällen. Folglich blieb uns nichts anderes übrig, als weitere 13km zur nächsten Strassenkreuzung zu marschieren. Nach 1 Stunde Warten an der Kreuzung kam dann endlich ein Bus. — Im Bus erfuhren wir, dass auch der Weg nach Quito wegen den starken Regenfällen verschüttet sei, und ich einen riiiiiesen Umweg fahren müsse: Tena – Puyo – Baños – Ambato – Quito. Um 21.30 war ich schliesslich wieder in Quito. Eine lange aber interessante Reise. Bei Baños sah ich den aktiven Vulkan Tungurahua rauchen und hatte interessante Gespräche mit den Mitreisenden.




Die simple Küche...

...und die Feuerstelle im Haus. Welches Tier? - wüsste ich auch gerne... zwinkern

Die älteste Schwester hilft der jüngsten Schwester bei den Hausaufgaben

Chonta, eine Palmenfrucht

Wäsche waschen im Fluss ist Mädchenarbeit

In der Pause bekommen die Schüler eine warme Mahlzeit

Typisches Klassenzimmer

Apell vor der Schule; montags wird die Nationalhymne in spanisch und in quechwa gesungen

Dorfkinder, man bemerke die Gummistiefel zwinkern

Mädchen passen auf ihre kleinen Geschwister auf

Der unberührte Amazonas (Sumaco-Galeras NP)

War mein Unterricht bloss ein Tropfen auf den heissen Stein?

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